Der Papagei - eine Anschaffung fürs Leben

von Uta Schokolinski-Nielsen - Tiere in Not Niederberg e.V.

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Ein Papagei ist eine Anschaffung fürs Leben, manchmal sogar für zwei Generationen. Dies gilt vor allem für die größeren Aras und Kakadus, die in Einzelfällen sehr alt werden können. Man sollte daher vor dem eventuellen Kauf genau überlegen, ob man bereit ist, für viele Jahre seine Wohnung und vor allem sein Leben mit solch einem Hausgenossen zu teilen. Ein Papagei will regelmäßig betreut und beschäftigt werden, braucht Bewegungsfreiheit und ist er einmal in die Jahre gekommen, hat er sich eng an seinen Menschen angeschlossen. Eine " Verpflanzung " würde der gescheite Vogel kaum verwinden. Kurzum, der Kauf eines Papageien ist im Prinzip eine Art " Eheschließung ", eine " Scheidung " ist zwar möglich, aber die zukünftige Lebensgemeinschaft sollte doch auf die Ewigkeit ausgelegt sein.

Seit fast 25 Jahren liegt mir das Wohl der Papageien und Sittiche am Herzen. In dieser Zeit habe ich viele Eindrücke gewonnen und Erfahrungen gesammelt, was Haltung, Ernährung und Unterbringung der Exoten betrifft.

Diese möchte ich an alle Papageienbesitzer und solche, die es werden wollen, weitergeben.

Bevor man also mit der Anschaffung beginnt, sollte man sich folgende Fragen stellen:

1. Welcher Vogel passt zu mir?

2. Wo soll er untergebracht werden?

3. Wie ist unsere Familienstruktur? (Wohnlage - wegen der Nachbarn, Kinderwunsch, Arbeitszeit etc.)

4. Kann ich solch einem intelligenten Exoten gerecht werden?

 

zu Punkt 1: Der passende Vogel

Da es im Handel fast alles zu kaufen gibt, stellt sich als erstes die Frage, für welchen Vogel man sich entscheidet:

Nehmen wir z. B. den Kakadu: ob groß oder klein - egal welche Art, sie sind die Kobolde Australiens. Nichts, aber rein gar nichts ist vor ihnen sicher, alles wird untersucht und inspiziert. Alles wird demontiert - es könnte ja etwas Essbares versteckt sein.

Bei mir lebten in den vergangenen Jahren Goffin, Triton, Grosse Weißhauben - und kleine Gelbhaubenkakadus. Alle waren ständig in Bewegung und immer zu neuen Schandtaten bereit. Auch ihre Stimmen kann man schon von Weitem hören. Und was in Freiheit, d.h. im natürlichen Lebensraum der Tiere gilt, setzt ein Kakadu natürlich auch in Gefangenschaft fort. Nichts bleibt ihnen verborgen, sie sind überall zu finden, alles wird durch ihr starkes Nagebedürfnis zerstört. Zwar gibt es vereinzelt Ausnahmen, doch wer weiß schon vorher, ob er eine dieser Ausnahmen bekommt ....

Da alle Papageien und Sittiche sehr gesellig sind, versteht es sich von selbst, dass nur Paar- oder Gruppenhaltung in Frage kommt.

Manche Arten sind monogam, d.h. sie verbringen ihr ganzes Leben mit einem Partner. Da viele Jungtiere im Handel angeboten werden, empfiehlt es sich immer zwei Tiere zu erwerben. Durch eine DNA-Analyse lässt sich deren Geschlecht bestimmen. Es sollte möglichst ein männliches und ein weibliches Tier sein. Da sich jedoch bei Erreichen der Geschlechtsreife die Zuneigung beider Tiere ändern kann, ist trotzdem möglich, das die Tiere sich - obwohl sie keine " Ehe " schließen - einander akzeptieren und verstehen.

Alle Papageien und Sittiche verbringen bis zu zwölf Stunden am Tag mit gegenseitigem Putzen, Kraulen und Spielen. Klar, dass sie dafür einen Artgenossen brauchen. Oder haben Sie 12 Stunden am Tag Zeit übrig ???

Nehmen wir die Amazonen. Ob Blaustirn-, Gelbstirn-, Gelbwangen-, Müller-Amazonen etc. Sie sind sehr oft als zahme, sprechende und sehr flugfaule Zeitgenossen anzutreffen. Ca. 30 dieser Tiere wurden bei mir abgegeben. Sie kamen ausnahmslos als Einzeltiere und gingen mit Partner.

Denn die Vergesellschaftung der Amazonen gelang sehr oft, da die Tiere - ob jung oder alt        ( die Älteste fand mit fast 40 geschätzten Jahren einen Mann fürs Leben) nicht so wählerisch sind, wie etwa Graupapageien. Wer sich für diese Amazonen entscheidet muss allerdings wissen, dass wenn sie als Paar in Menschenobhut leben, der Mensch nur stiller Betrachter sein kann. Also für Essen und Trinken sorgen, sauber halten und beobachten !!!

Nun zu den Graupapageien - die leisesten und nettesten Vertreter. Ob als Paar oder Gruppe sind sie, falls keine schlechten Erfahrungen sie geprägt haben, relativ einfach zu handhaben. Nur sollte man bedenken, dass sie sehr sensibel auf jegliche Art von Veränderung in ihrer Umgebung reagieren. Schon eine neue Schaukel oder neue Äste lassen sie erst einmal erstarren. Da sie so sensibel sind, findet man jedoch bei Ihnen auch die meisten " Rupfer ". Also sollte der Besitzer grundsätzlich alles mit Bedacht machen. Auch die Vergesellschaftung mit einem Artgenossen erwies sich bei mir immer als äußerst schwierig. Ihre Stimme ist angenehm und ihre Sprachbegabung genial. Auch hier gibt es natürlich extreme Ausnahmen.

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Sollte man sich für jedoch die Größten, die Aras entscheiden, ist absolute Fachkenntnis notwendig. Kaum jemand kann diesen Tieren eine wirklich artgerechte Haltung bieten. Dies fängt schon bei der Unterbringung an. Denn wer hat schon Platz für eine 10 m - Volière mit Berieselungsanlage und Winterquartier ? - So schön und anmutig Aras auch sind, sollte man diese Tiere dort lassen, wo im Grunde alle Tiere hingehören - in der Natur. Da aber viele bereits in Gefangenschaft geboren sind, sollte man ihnen diese wenigstens so artgerecht wie möglich gestalten. Dazu gehört auch bei denen Papageienvögeln ein Artgenosse als Partner.

Nun zu Punkt 2: Die Unterbringung

Viele Papageien leben in viel zu engen Käfigen, sind gestutzt und fristen ihr Leben in Einzelhaft. Darüber sollte jeder gründlich nachdenken. Man sollte bestimmte Kriterien erfüllen, bevor ein Exote ins Haus kommt. Nach meinen langjährigen Erfahrungen, sollte die Volière für zwei Amazonen oder Graupapageien ein Maß von 200 x 200 x 100 haben; ferner ein Schutzhaus für den Winter in gleicher Größe. Bei Kakadus sollte man ein Maß von 300 x 200 x 100 einhalten, da die Vögel gerne fliegen und sehr aktiv sind. Bei Aras empfehle ich eine Mindestgröße von 1000 x 400 x 300, als Dauerunterbringung für zwei Tiere. Auch hier ebenfalls ein frostfreies Winterquartier.

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Als Sitzholz eignen sich unsere heimischen Hölzer, wie Buche, Hasel, Eiche, Linde, Walnuss, Ahorn und Obstgehölze. Die Äste sollten unterschiedliche Durchmesser haben, mindestens jedoch so dick sein, dass der Vogel sie mit seinem Fuß nicht ganz umgreifen kann. Sie sollten stets frisch beschnitten, und vor dem Anbringen heiß abgeduscht werden. Zur Befriedigung des Nagebedürfnisses, kann man mehrmals in der Woche kleinere Äste von Obstbäumen, Holunder mit Beeren und Weidenzweigen in der Volière befestigen. Diese werden im Handumdrehen zernagt. Und das ist auch gut so, denn auf diese Weise sind die Vögel beschäftigt und lassen ihr Sitzholz evt. etwas länger leben.

Punkt 3: Integration in die Familie

Ein Beispiel wie es in der Praxis bei uns sehr oft vorkommt: Ein junges Paar, beide Ende zwanzig, entscheiden sich für zwei Graupapageien. Die Volière ist vorbereitet, die Jungvögel für viel Geld beim Züchter erworben. In der ersten Zeit bereiten sie den Menschen viel Freude und sind wie verspielte Kinder.

Doch dann stellt sich menschlicher Nachwuchs ein. Die Beschäftigung am Nachmittag (Freiflug, kraulen, spielen) wird durchs Baby auf den Abend verlegt. Dies bedeutet für die Vögel eine ungewohnte Einschränkung. Durch die ca. im dritten Lebensjahr einsetzende Geschlechtsreife ändert sich die Familiensituation erneut. Die Vögel, die sich von Kindheit an kennen, fangen plötzlich an zu streiten, kämpfen oder beißen. Oder sie lärmen ohrenbetäubend, wenn jemand den Raum betritt, um auf sich aufmerksam zu machen. Es kann auch sein, dass ihr Nachwuchs das Vogelspiel falsch deutet und versehentlich gebissen wird. Nun bleiben aus Sicherheitsgründen die Tiere in der Volière und werden schlimmstenfalls auch noch isoliert oder abgedunkelt. Derartige Veränderungen verkraften diese intelligenten und sensiblen Tiere sehr schwer. Sie werden zu Beißern oder Schreiern und fangen im schlimmsten Fall an, sich aus Langeweile oder Frustration zu Rupfen.

Anhand von diesem und vielen anderen Beispielen ist Aufklärung vor Anschaffung das A und O. Nur so ist es möglich den Vögeln ständigen Orts- und Personenwechsel zu ersparen. Da bei uns ständig ältere Tiere abgegeben werden, diese dann in vielen Fällen auch noch einen Partner finden, suchen wir natürlich immer wieder Plätze für diese Paare. Wenn also jemand alle Kriterien erfüllt, kann er vom Tierschutz ein Paar übernehmen. Natürlich mit Schutzvertrag und -gebühr - und der dazugehörigen Vorkontrolle.

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Punkt 4: Kann man einem Exoten, wie dem Papageien überhaupt noch gerecht werden ?

Fangen wir mit der Ernährung an:

Die ausschließliche Fütterung von Körnerfutter führt früher oder später zu Mangelerscheinungen. Ich empfehle allen Papageienhaltern ihren Vögeln eine abwechslungsreiche Kost anzubieten: Zwei Drittel Obst und Gemüse, morgens stets gereicht, ein Drittel Körnerfutter/Pelletsfutter am Nachmittag.

Das Trinkwasser wird angereichert durch ein Vitaminpräparat. Ein weiterer Zusatz (Mineralpulver - Aviconcept) kann über Joghurt oder Quark verabreicht werden. Einmal pro Woche gibt es ein wenig ungewürztes Hähnchenfleisch (gekocht). Auch gekochte Nudeln oder Kartoffeln kann man gelegentlich anbieten.

Da wir nicht im Regenwald leben, ist es verständlich, dass eine optimale d.h., der jeweiligen Vogelart und deren Alter angepassten Ernährung nicht möglich ist, zumal die Haltebedingungen hier deutlich schlechter als in der natürlichen Umgebung sind. Faules oder schimmliges Futter verbietet sich von selbst. Im Spätsommer kann man das Nahrungsangebot durch unsere heimischen Beeren noch ergänzen, so z. B. mit Holunderbeeren, Ebereschenbeeren, Brombeere, Hagebutten, Hasel- oder Walnüsse und nicht zu vergessen den frischen Mais. Ein besonderer Leckerbissen für unsere Exoten ist frisch gekeimtes Futter. Eine Körnermischung hierfür gibt es im Fachhandel.

Papageien besitzen einen Drüsen- und einen Muskelmagen. Dieser benötigt Gritsteinchen, um die Nahrung zu zerreiben, und so für das Tier nutzbar zu machen.  Ständiger Gritmangel führt zu einer Magenerweiterung. Die Muskeln des Magens erschlaffen. Symptome dieser Magenerweiterung sind unverdaute Körner im Kot der Tiere. So kann der Vogel u. U. trotz ständiger Nahrungsaufnahme verhungern.

Absolute Tabus: Alkohol, Koffein, Schokolade, alle Kohlsorten, Speisen mit hohem Zuckeranteil wie Kuchen und Avocados.

Zu guter Letzt noch einige Formalitäten und gesetzliche Bestimmungen:

Der Papagei muss einen amtlich anerkannten Fußring tragen, mit einer Nummer, die der Verkäufer mit der Anschrift der neuen Papageienfamilie in seinen Unterlagen vermerkt, und die ebenfalls in den Cites-Papieren aufgeführt werden, da man sich sonst strafbar macht. Die wichtigsten Angaben sind:

-Anhang A- hier sind alle vom direkten Aussterben bedrohten Arten aufgelistet. Ihr Handel ist verboten und wird nur in Ausnahmesituationen ausdrücklich erlaubt. Rechtmäßiger Besitzer bzw. Käufer- oder Verkäufer ist man nur, wenn man eine gültige Cites-Bescheinigung und eine Ausnahmegenehmigung vom Vermarktungsverbot vorweisen kann.

-Anhang B- hier sind alle Arten aufgeführt, die zwar noch nicht vom Aussterben bedroht sind, aber durch unkontrollierten Handel dazu gebracht werden können. Rechtmäßiger Besitzer ist man nur, wenn man eine gültige Cites-Bescheinigung besitzt.

Anzeige- und Meldepflicht

Wer Papageien hält, hat nach der Bundesartenschutzverordnung, der nach Landesrecht zustehenden Behörde binnen vier Wochen nach dem Kauf, den Zu- oder Abgang des Tieres anzuzeigen.

Zusammengefasst sei gesagt, sie sind wunderschön, intelligent, liebenswert, und sie vermögen als einzige Tiere überhaupt, die menschliche Sprache nachzuahmen. Die Rede ist von den Papageien, die schon vor 2500 Jahren an indischen Fürstenhöfen hochgeschätzt wurden.

Aber ihre Schönheit, Anmut und ihre Gabe zum Sprechen wurde ihnen zum Verhängnis !

Als exotisches Heimtier, gehalten in unserer Wohlstandsgesellschaft, um unsere persönliche Darstellung aufzuwerten.

Vom Gästebuch

 
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